Geschichten über:
Magierkatzen Drachen

und die Kälte
und Chilischoten
und die Hexen
und die Bibliothek
und der alte Schotte
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Magierkatzen, Drachen und die Bibliothek
Es war wieder Abend geworden im Zaubererhaus, in dem Magnifico, der Zauberer, Zanatos,
sein alter, kleiner Hausdrache und Fidibus, sein Magierkater zusammen wohnten.
Magnifico hatte sich einen Kräutertee gebrüht und mit einem dicken Buch in seinen
Lieblingslederohrensessel zurückgezogen.
Zanatos war auf den Tisch gekrabbelt und schob mit seiner Schwanzspitze Puzzelteile eines
500er Drachenpuzzels hin und her.
Fidibus lag in seinem Körbchen daneben, und ab und zu liess er mit einem
Schnurrhaarwackler ein verschnörkeltes Stückchen an seinen Platz wandern.
"Ist es nicht schön, auch mal einen ruhigen Abend zu haben!" Magnifico
schaute
über Buch
und Lesebrille zu seinen Freunden.
"Hmmmmmm!" Zanatos war so verteift, dass er sicher gar nicht mitbekommen
hatte, WAS der
Zauberer überhaupt gesagt hatte. Kleine Rauchwolken, die wie Puzzleteile geformt waren,
ringelten sich aus seinen Nasenlöchern.
"Ja, Magnifico, du hast recht!" schnurrte Fidibus und rollte ich genüsslich
auf den Rücken.
Genau in diesem Moment gleisste ein runder, lilafarbener Lichtball auf, und eine scharfe
Stimme durchschnitt die Ruhe:
"FIDIBUS!! FIDIBUS FELIS VON KATZENFELS! KOMM SOFORT ZUR HEIMAT DEINER VÄTER UND
MÜTTER!!
SOFORT!"

Fidibus stand plötzlich wie elektrisiert in seinem Körbchen. Sein Fell stand so ab, dass
er doppelt so dick zu sein schien.
"Grosse Magische Katze! BITTE NICHT!... BITTE DAS NICHT!"
Die Stimme schien ihn gehört zu haben, denn sie donnerte:
"FIDIBUS! DU WEISST, WAS DEINE PFLICHT IST!! ICH ERWARTE DICH SOFORT! HAST DU
GEHÖRT? SOFORT!"
Fidibus sackte in sich zusammen und seufzt tief:
"Ja, ich habe gehört, und ich werde sofort kommen!"
Magnifico und Zanatos betrachteten erstaunt ihren Freund. Zanatos war in das
Katzenkörbchen gesprungen und fragte:
"Und wer oder was war das???"
Magnifico hatte sein Buch auf den Schoss gelegt:
"Und was soll das Ganze überhaupt?"
Wieder seufzte der Zauberkater, und mit hängenden Schultern mauzelte er unglücklich:
"Das war Tante Vicky! Oder besser Victoria Edle Felis von Katzenstein! Die älteste
und
oberste meiner Sippe. Ich hatte geglaubt ... oder besser gehofft, sie hätte mich
vergessen. Ich bin nämlich das schwarze Schaf der Familie. Alle Felis von Katzenstein
machen Karriere! Also Magiewissenschaftler, Diplomat bei den anderen Magischen Völkern
oder haben wenigstens gute Zaubererpartien gemacht. Das war nie meine Welt! Ich wollte
meine Magie leben! eben.. leben!! und Spass haben! und mit meinen Freunden zusammen sein.
Nicht nur mit denen..." Fidibus spitze seine Lippen:" mit denen man als
Magierkater von
Welt eben verkehren muss!Deshalb hat meine Familie begonnen mich zu meiden. Und ICH hatte
nichts dagegen.... und jetzt DAS! Ich habe keine Ahnung, was Tante Vicky von mir will!
Aber ich werde wohl hin müssen!"
"Du gehst auf keinen Fall allein! Ich komme mit! Du kannst mich sicherlich
gebrauchen!und
wenn es zu Trost ist!" Zanatos legte ihm mühsam den kleinen Flügel um die Schulter.
"Willst du dir das wirklich antun??... Tante Vicky ist etwas...sagen wir mal harsch
und
fürchterlich snobbistisch und eingebildtet!"
"Ach, Firlefatz die Katz! Ich bin sicher älter als sie! und wir Drachen sich alle
von
edelstem Geblüt! Was soll sie mir also tun..he??"
"Danke, mein Freund!...Magnifico, du entschuldigst uns doch!" Fidibus sah
immer noch aus,
als wäre er gerade in einen Eimer Eiswasser gefallen.
"Ja, .. aber Moment!" Der Zauberer schwang seinen Zauberstab und vor jedem
der
Beiden lag
ein Reisebeutel:
"Ihr werdet die Dinge vielleicht brauchen. Und..grüsst mir die liebe Vicky! Sie
wird
sich
bestimmt freuen!"
Kleine Fältchen erschienen an Magnificos Augenwinkeln.
Die beiden nahmen ihre Beutel, winkten noch ein mal, und mit einem Schwuuuuuschhh des
Katerschwanzes und einem Schnurrhaarwackler waren sie verschwunden.

Als die Beiden wieder klar sehen konnten, saßen sie in einem hohen Saal, der durch
schlanke Säulen, die in spitze Bögen endeten, eingefaßt war.
Dazwischen fiel buntes Licht in Streifen in den Raum.
Ein lila gefärbter Lichtfinger liess einen Stapel Samtkissen aufleuchten.
Darauf thronte eine wahrhaft königliche Katze. Groß wie ein Luchs, vermutlich schneeweiß,
aber nun auch tief lila eingefärbt, musterte sie die Neuankömmlinge aus grossen, klaren
Augen, ohne auch nur einmal zu zwinkern.
"Du hast dir aber noch Zeit gelassen, Fidibus!" sie hatte eine herrische
Stimme, die wie
Katzenkrallen auf einer Schiefertafel wirkte. Fidibus Fell stellte sich hoch auf.
"Hallo, Tante Vicky! Ich bin so schnell gekommen, wie es mir möglich war!"
Fidibus duckte
sich beinah unter dem Blick seiner Tante.
"Und offensichtlich nicht alleine! Was... oder wen habe ich das fragwürdige
Vergnügen
begrüssen zu müssen?" Victoria Edle Felis von Katzenfels rümpfte ihre kleine Nase.
Fidibus wollte gerade antworten, als Zanatos ihm zuvor kam. Er beugte ein wenig seinen
schuppigen Kopf, und kleine lila Wölkchen pufften auf beiden Nüstern.
"Ich darf sie begrüssen,... ehemm.. Tante Vicky!" kleine Schmunzelfalten
kräuselten seine
Augenwinkel:
" Ich bin Zanatos Dracus Domu, aus dem edlen und altehrwürdigen Geschlecht der
Dracus.
Unsere Wurzeln reichen bis in die tiefste Vorzeit, noch ehe Menschen, Zauberer oder auch
Katzen überhaupt die Erde betraten.... Sie brauchen sich nicht zu verbeugen!"
Fidibus stand die Katerschnute offen. Er starrte zwischen seinem Freund und seiner Tante
hin und her. Er schien einen Tante Vicky-Vulkanausbruch zu erwarten.
Aber.....es blieb still. Tante Vicky spitze nur die lila schimmernden Ohren:
"Dann seien Sie mir gegrüsst, Zanatos Dracus Domu! Ich hatte die ....
ehemm....Drachen der
alten Zeit irgendwie grösser? in Erinnerung... aber das ist sicher auch so eine
Adaptation
an die modernen Zeiten. Aber... verzeihen Sie meine klaren Worte... FÜR SIE BIN ICH NICHT
TANTE VICKY!!"
Zanatos schmunzelte:" Die jungen Geschlechter legen halt Wert auf solche
Unwichtigkeiten!
Aber egal: EDLE VICTORIA!"
Victoria schien bald zu platzen, aber ehe sie das Wortgefecht weiterführen konnte...

unterbrach sie leises, fast schüchternes Pfeifen.
Eine grosse, graue Ratte hockte geduckt am Fusse ihres Kissenstapels:
"Grosse, Edle Victoria! Wir sollten uns beeilen. Es ist gleich Mitternacht!
Ansonsten
kommen wir erst morgen weiter! Und... es wird ja von mal zu mal schlimmer!"
Victoria stutzte und legte kurz den Kopf schief:
"Bogumil, da hast du ausnahmsweise mal recht! Fidibus! DU und dein -- ehemm--
Freund,
folgt Bogumil, meinem amtierenden Majordomus und Hüter der Bibliothek! Er wird euch
aufklären und einweisen. Ich werde mich nun in meinen Korb begeben. Viel Erfolg!"
Sprach's, zuckte mit einem Ohr und verschwandt.
Verblüfft schauten sich Fidibus und Zanatos an:
"Deine Tante ist ja ein richtiger Sonnenschein!" schmunzelte Zanatos.
"Aber das war einer ihrer freundlichen Tage! Sie muss dringend unsere Hilfe
brauchen,
sonst wäre sie nie und nimmer so liebenswürdig gewesen! Wer bist DU eingentlich?"
Fidibus fasste Bogumil, die amtierende Haushofratte, in die Augen:"Und WARUM sind
wir
hier?"

"Edle Herren, es geht um die Bibliothek! Seit gut einem Monat ist die Ruhe gestört!
Stöhnen und Jammern! Ich habe einmal versucht mich auf die Lauer zu legen, aber.."
Die
amtierende Haushofratte wurde noch keiner und leiser:
"Aber ich habe alleine zu viel Angst gehabt, dass ich mich verkrochen habe. Nichts
konnte
ich sehen! Beinah hätte die Edle Victoria mich abgelöst!"
Fidibus hob die Augenbrauen;
"Wie ich Tante Vicky kenne, sicher nicht bei guter Berentung!"
"Nein, sicher nicht! Deshalb sind wir nur amtierende Haushofratten!
Sie tauscht uns beliebig aus, und der, der gehen muss, wird aus dem Schloss in die
Kanalisation verdammt. Zum Glück haben wir Schlossratten genug Magie in uns, um dort auch
zu überleben. Aber...." Bugumil schluckte:
"Aber ich habe solche Angst davor, verbannt zu werden. Meine liebe Frau und ich
haben
gerade erst geheiratet... und... und...." Jetzt liefen kleine silberne Rattentränen
über
Bogumils Wangen.
Fidibus räusperte sich verlegen:
"MAch, dir keine Sorgen, wir helfen dir! Aber... WOBEI?? Bisher hat uns Niemand
erzählt,
was wirklich los ist!"
Zanatos bließ zwei violette Wölkchen aus den Nasenlöchern:"Ganz genau! WO ist diese
Bibliothek! Und was passiert da?"
Bogumil setzte sich auf auf seine Hinterbeine, ergriff das Ende seines langen, nackten
Schwanzes und schwang ihn, wie eineen Zauberstab.
Der Saal verschwamm vor ihren Augen....

Als sie wieder klar sehen konnten, sassen sie auf einem grossen, dunklen Eichenregal.Sie
hockten zwischen grossen Folianten und direkt neben einer grossen geschnitzten
Mondphasenuhr, deren Pendel leise reglmässig knarzte.
Der Raum war nicht kleiner, als Tante Vickies Empfangshalle. Nur waren die Wände mit
Bücherregalen bedeckt. Dazwischen gab es schmale Fenster, durch die inzwischen das fahle
Mondlich schien.Von der Decke hingen grosse gusseiserne Kerzenlüster, die den Raum
flackernd beleuchteten.Kein Stäubchen und nicht die kleinest Spinnweben waren zu sehen.
Bogumil schien ein ordentlicher Hüter der Bücherei zu sein.
Fidibus wollte gerade etwas schnurren, als ein dumpfer Glockenschlag dem Raum erzittern
ließ.
Unbewusst zählten sie schon mit...." Acht....Neun..." Ein seltsam
flackerndes Licht erschien auf der gegenüberliegenden Wand. Ein bedrohliches Grollen und
Grummeln kommt immer näher. Bogumil stiess einen ängstlichen Pfiff aus und wollte wieder
das Weite
suchen.
Aber Zanatos reagierte schnell. Er beugte sich schützend über die zitternde Haushofratte.

Das Licht schien zu leuchten, aber war doch schwarz...dunkel...Es waberte, schwebte vor
einem verhüllten Bild. Das Grollen liess die Regale erzittern. Eine kalte Stimme schnitt
durch Mark und Bein:
"RAAACHEEEEE! RAAACHEEEE WILL ICH!! ICH KOMMEEEE ZURÜÜÜCK!!"
Fidibus beobachtet das Schauspiel fasziniert. Gerade wollte er mit seinen Schnurrhaaren
wackeln, als der ganze Spuck verschwandt.
Die Bibliothek war totenstill... nur die Kerzen flackerten.

Langsam und vorsichtig richtete sich Zanatos auf. Er hatte den armen, zitternden Bogumil
doch etwas zusammengequetscht:
"Na, DAS war ja ein Auftritt!" murmrlte er und zwei leichenblasse
Dampfwölkchen pufften
aus seinen Nasenlöchern.
"Das kannst du aber sagen!" Auch Fidibus war beeindruckt, seine Schnurrhaare
zuckten:
"Wie lange geht das denn schon, Bogumil?"
Die Majordomusratte hate sich gerade mühsam auf seine Pfötchen gerappelt:
"Seit ungefähr zwei Wochen! Und... und es wird immer schlimmer! Ich sollte zuerst
alleine
damit fertig werden, aber.... aber ich habe versagt... und... und.. " wieder
schluckte er.
"Kommt mit! Ich will euch was zeigen, dann versteht ihr mich sicher besser!"
Der Rattenschwanz zuckte und die Bibliothek verschwandt.

Als sie wieder klar sehen konnten, fanden sie sich in einer gemütlichen Küche wieder.
Die Steintische waren sauber geschäuert und in den Glasscheiben der Küchenschränke hingen
akurate rot-weisse Gardinchen. Auf dem Küchentisch hockte eine weisse, hübsche
Rattendame, die eine kleine Schürze mit Rüschen trug. Erschreckt spitze sie die Ohren:
"Bogumil! Kannst du mich nicht vorwarnen, wenn du Besuch mitbringst! Jetzt hab ich
gar nichts vorbereitet!!"
Bogumil duckte sich wieder verschreckt:
"Darf ich vorstellen, das ist Emilia, meine Frau und die Köchin des
Schlosses!"
Zanatos grinste breit: "Das mit der Ehefrau habe ich mir jetzt schon gedacht! Ist
doch immer dasselbe!"
Auch Fidibus konnte sich ein Schmunzeln in seinem Katerbart nicht verkneifen.
Liebe Emilia, ich darf sie grüssen. Ich bin Fidibus und das hier ist mein Freund Zanatos.
Also unseretwegen brauchen Sie nicht solche Umstände zu machen.... obwohl... ein wenig
Hunger haben wir nach der Reise und der Aufregung nun doch!"
Emilia strahlte:"Hunger... in meiner Küche hungert niemand! Ich freue mich euch
eine Kleinigkeit anbieten zu dürfen, edle Herren!"
Wie eine Dirigentin vor einem grossen Orchester richtete sich Emilia und nahm ihre
Schwanzspitze in die Pfote.
Ein Wusch und ein Swusch und Schüsseln und Näpfe schwebten auf den Tisch. Noch ein Wink
und sie füllten sich mit allem, was ein Kater- und ein Drachenherz sich wünschen kann!
Da war Milch und Thunfisch,Feueralgen und Paprikafleisch, Pasta und Bratkartoffeln, und..
und ... und!
Während sie schmausten, erklärte Bogumil weiter:
"Vor ungefähr einem Monat hatte die Edle Victoria die Idee, die Bibliothek *hüstel
umzugestallten. Wir alle haben mit angefasst und alles auch wieder sauber gemacht. Wenig
später hatten wir nachts das erstemal den Eindruck seltsame Geräusche zu hören. Anfangs
waren wir sicher, es sei nur der Wind in den Zinnen und Winkeln gewesen. Aber es wurde
immer lauter, und als ich mich auf die Lauer gelegt hab...."Der amtierende
Majordomus
schluckte nervös:" hatte ich solche Angst, als das Licht erschien, und diese
Stimme....und'Rachääääää' da gefrieert mir das Blut in den Adern!" Unbewusst
machte sich
Bogumil wieder ganz klein.
"Die Edle Victoria war nicht zufrieden. Nein, ganz und gar nicht zufrieden! Sie hat
getobt, und beinah hätte sie mich in die Kanalisation verbannt! Aber weil Emilia mir dann
gefolgt wäre, dürfte ich bleiben! Ich kann seitdem kaum noch schlafen. Ich wollte doch
gar
nicht Haushofratte werden!" Dicke Tränen rannen über Bogumils graue Wangen.
Emilia legte ihrem Liebsten die Pfote um die Schulter:
"Das wird schon wieder,Schatz! Die beiden Herren sehen aus, als ob sie uns helfen
werden!"
Sie winkte noch einmal mit der Schwanzspitze, und die Teller, Schalen und Näpfe füllten
sich wieder.
"Ich habe gehört, wie die Edle VIctoria gemurmelt hat:'Er ist zwar ein Tunichtgut,
aber er
ist wohl der Einzige, der uns helfen kann!' Dann hat sie den Edlen Herrn Fidibus
gerufen!"
"Bippe nischt Herr!" Fidibus konnte mit dem vollen Mund kaum schnurren.
Mühsam
schluckte
er sein Forellenfilet.
"Ich meine, bitte nennen sie mich nicht Edler Herr, da läuft mir ja ein Schauer
übers
Fell! Ich bin nur Fidibus, der Magierkater! Was sollen wir aber nun machen?- DAS IST DIE
FRAGE!"
Zanatos rülpste leise, wobei er eine tiefblaue Wolke der Zufriedenheit produzierte.
Ich denke, das hat mit der Umräumerei zu tun! Die gute Tante Vicky hat dabei wohl etwas
geweckt, was viele Jahre geschlafen hat! Wir müssen also die Umräumaktion rekonstruieren
und, wenn möglich rückgängig machen!"
Bogumil zuckte schon bei dem Gedanken zusammen, der Edlen Victoria DAS erklären zu
müssen.
Glücklicherweise übernahm das Zanatos, denn sogar Fidibus war bei diesem Gedanken nicht
wohl im Fell.
"Edle Victoria, es ist die einzige Lösung, die wir sehen! Entweder sie helfen uns
dabei,
oder wir gehen heim und lassen sie mit diesen Rachegeist alleine!" Dabei spreizte
er seine kleinen Flügel so weit er konnte, um etwas imposanter zu wirken. Das war aber
gar
nicht nötig.
Tante Vicky gab ihren Widerstand auf und erklärte sich sogar bereit zu helfen.
So schwebten am Nachmittag des nächsten Tages die Bücher und Möbel durch die
Bibliothekshalle. Victoria und Fidibus sassen in der Mitte und zauberten, was die
Schnurrhaare und Schwänze hergaben. Bogumil reinigte mit seiner Magie die
Oberflächen. Zanatos wanderte die endlosen Bücherreihen entlang und versuchte die
einzelnen Titel zu lesen, betrachtete die Wände und Gemälde,klopfte die Holzverkleidung
der Wände ab. Er suchte noch eine andere Ursache der Geistererscheinung. Emilia versorgte
sie mit allem, was ihr Küchenzauber hergab.
Es wurde dunkel und immer später. Sie hatten schon lange die Kerzen entzündetet und
wollte
beinah schon für diesen Tag aufgeben, Da rief plötzlich der kleine
Drache:
"Kommt schnell mal her.... hier in dieser Niesche! Da klingt das Holz anders! Und
HIER kam
ja auch das Licht her! Edle Victoria, wissen SIE was sich hier hinter verbirgt??und.. was
hier früher vor hing! Da sind deutlich die Umrisse eines grossen Gemäldes!"
Victoria schlich langsam auf die Nische zu:
"Hier... hier hing das Gemälde unseres Ur-Vorfahren. Der hat das Schloss in den
Familienbesitz gebracht, und ihm verdanken wir auch unsere magischen Fähigkeiten. Ich
wollte ihn in die Grosse Halle hängen, weil ich dachte, da kommt er mehr zu Ehren, als
hier in der dunklen Ecke. Dahinter???Also es ist mir völlig unbekannt, dass sich hinter
dieser Mauer noch etwas befinden soll!" Vorsichtig schnüffelte die grosse
Katzendame
an der Holzverkleidung.
Fidibus setzet sich mitten vor die Nische. Er wuschte mit dem Schwanz und zuckte mit
beiden Ohren. Die Holzvertäfelung glühte auf.... und verschwandt.

Es hatte sich ein dunkler, runder Raum geöffnet. Die Wände waren nachtschwarz wie der
Boden. Bis auf ein säulenartiges Tischchen, auf dem ein altes Buch ruhte, war er leer.
Gerade als sie den Raum betreten wollten, begann die grosse Uhr zu schlagen.
Das Buch leuchtete plötzlich auf. Das Licht zog sich zu einem Ball zusammen.Ein eisiger
Wind fegte durch den dunkeln Raum mit dem Grollen und Grummeln, das sie schon gehört
hatten. Das Licht bewegte sich langsam auf sie zu. Wie aus der Ferne heranjagend drohte
wieder die Stimme:
"Raaacheeee! Meinen Raaacheee ist nah! Da ist er ja!!.... ich kann ihn spüüüüren!
Ich
werde in verrrrrrnichten. Dann ist die Macht wiederrrrr mein!
Ganz nah war die Stimme schon. Der Lichtball schwebte auf sie zu... verharrte einen
Moment
und wollte gerade auf Fidibus zuschweben. Er hielt kurz inne:
"Du hast dich verkleidet, damit ich dich nicht erkenne... aber der berühmte Chat
botté
kann sich nicht vor mir verstecken! Ich werde dich tööööten und meine Macht zurück
bekommen!" Langsam....ganz langsam kam der Geisterball näher...

"HALT!!..KEINEN MILIMETER WEITER!" Victoria stellte sich vor ihren Neffen,
ihr
weisses
Fell war getraubt:
"Ich weiss jetzt, wer du bist! Der, den du suchst, ist nicht hier! Wir sind seine
Nachkommen, und wir werden dich genauso besiegen wie der grosse Marco Felis von
Katzenfels! GEH ZURÜCK!"
Sie wuschte mit ihrem buschigen Katzenschwanz und eine schimmernde Wand erschien vor dem
wabernden Lichtball.
Ein markerschütterndes Lachen liess sie alle erzittern:
"Glaubst du wirklich, du könntest den Geist des mächtigen Zauberers Malasuerte mit
dem
kindischen Hokuspokus aufhalten? Wie naiv du doch bist!"
Der Geisterball schwebte ohne Mühe durch die Schutzwand...immer näher, dabei wurde er
immer grösser und nahm die Umrisse eines groosen, kräfigen Menschen an.
"Vielleicht einer alleine, aber zusammen sind wir stark!" Fidibus trat ohne
Furcht neben
seine Tante. Seine Schurrhaare stenden zwar vor Entsetzen ab, aber er wankte nicht.
Er raunte Vicktoria etwas in Ohr, und zusammen schufen sie eine feurige Wand des Lichtes.
Es war plötzlich Ruhe... auch der Schlag der Glocken war verklungen.

Fidibus und Tante Vicktoria schauten sich an und lächelten. Sie wollten sich gerade die
Pfote reichen, als ein bösartiges Kichern ertönte. Wie einen Vorhang schob die
Geisterhand
den feurigen Schutzschild auf Seite.
"Ihr meint doch nicht, mich so leicht los zu werden!?"
Riesig stand er vor den beiden Magierkatzen, drohend wies sein geisterfinger auf Fidibus:
"Wie war das damals..?..'Du kannst dich nicht in eine Maus verwandeln! Das glaube
ich dir nie und nimmer! Wenn ich DAS einmal sehen dürfte, würde ich ohne Klage sterben!'
Und ich falle auch noch darauf rein...Der grosse Zauberer Malasuerte gefressen von einem
geckenhaften Kater! Dann durch den Zauber in deinem Abbild gebunden. Welche Schande!Aber
die Schranke wurde gebrochen! Ich habe bald meine Macht zurück, die du mir gestohlen
hast!Dafür wirst du nun büssen! Ich werde dich vernichten!"

"DAS glauben wir eigentlich nicht!" Zanatos' Stimme klang aus dem dunklen
Raum. Bugumil hatte ihn und sich neben das Buch gezaubert. Verzweifelt versuchte die
Haushofratte Seiten herauszureissen, aber die Blätter waren zu stark.
"Ihr Zwerge wollt mich besiegen!" Ein schauriges Lachen liess den armen
Bogumil erzittern.
Der Geist hatte sich umgedreht und näherte sich wieder dem Buch. "Euch werde ich
noch
vorher vernichten, ihr Brut! Nur die Ur-Mächte können die schwarze Macht der dunklen
Magie
brechen. Bogulmil drückte sich an Zanatos, der seltsam ruhig dem Geist entgegensah.
"Aha... Ur-Mächte..Bogulmil, kletter auf meinen Rücken! Der Geist will Ur-Mächte...
dem
Geiste kann geholfen werden." Zanatos griff in seinen Reisebeutel. Etwas kleines
rotes
verschwandt in seinem Mund. Plötzlich bebte die ganze Bibliothek.Zanatos wuchs. Er wuchs
und füllte den ganzen Raum, die Seitenwände barsten.
Der Geist schrie in Verzweiflung, versuchte sich auf das magische Buch zu stürzen. Aber
mit einem lässigen "PFUUUH" einer gleissenden Drachenfeuerflamme, verwandelte
es Zanatos
in ein Häuflein glimmemde Asche.
Der Geist der bösen Zauberers kämpfte. Er wandt sich. Aber er schrumpfte, verblasste.
Die Stimme wurde immer leiser, ferner...
Zum Schluss war da nur noch ein kleines Wölkchen Rauch.
Fidibus schlich auf sie zu und pustete sie einfach ins Nichts.

"So, DAS war's dann wohl!" Zanatos Kopf ragte in die Bibliothek, und er war
in dem
Geheimkabinett mit den geplatzten Wänden völlig verklemmt.
"Bogumil, könntets du von meiner Nase runtergehen, das kitzelt. Und ich will hier
nicht
feurig niesen müssen. Diese Bücher sind zum abfackeln zu schade!"
Eilig hüpfte die Haushofratte auf den Boden. Die Edle Victoria setzte sich direkt vor
Zanatos grossen Drachenkopf:
"Mein lieber Zanatos! Sie haben mich wirklich erstaunt! -- um nicht zu schnurren,
Sie
haben mich verblüfft! Und das ist in den letzten Jahrhunderten Niemandem gelungen. Ich
möchte Ihnen danken! In meinem Namen, aber auch im Namen aller Felis zu
Katzenfels!..."
Ehe Tante Vicky noch weiter ihre Reden schwingen konnte, unterbrach Zanatos sie.
"Edle Victoria, kein Dank nötig, aber ich will hier raus! Fidibus,MACH WAS!!"
Fidibus setzte sich vor die Schnute seines Freundes und grinste:
"Dass ich DAS noch erleben darf. Zanatos will wieder klein sein!" Ein breites
Katergrinsen
lag auf seinem Gesicht:
"Aber ich will mal nicht so sein! Magnifico hat an sowas gedacht und mir die neuen
grünen Peperoni von unserem Pizzadrachen mitgegeben. Die sollen die Chiliwirkung
aufheben,... Hier!"
Er schob dem grossen Drachen der Ur-Zeit etwas Grünes in die Schnute.
Die Umrisse Zanatos' verschwammen. Er schrumpfte wieder, und bald hockte da wieder der
altbekannte kleine, alte Hausdrachen in den Trümmern des geheimen Raumes.
"Werter Zanatos!" Die Edle Victoria sah sich in dem halb eingestürzten Raum
um:
"Sie haben hier wirklich volle Arbeit geleistet, wie man in Handwerkerkreisen, wohl
zu sagen pflegt. Aber... Es war es wohl wert! Wir haben einen Anlass zu feiern!"
Mit einem Ohrzucken teleportierte sie alle in ihren grossen Saal.
Emilia hatte schon angefangen aufzutischen. Bogumil dirigierte bequeme Polster um einen
niedrigen Tisch. Das verhüllte Gemälde stand an die Wand gelehnt.
Die Edle Victoria nickte ihren Gästen freundlich zu und winkte auch Bogumil und Emilia
herbei:
"Ich wollte mich bei euch allen bedanken!Es war wirklich eine der grössten Krisen
des
Hauses der Felis von Katzenfels! Und, ich muss es gestehen, ich bin daran nicht ganz
unschuldig! Es hiess in der Chronik der Familie, dass Malasuerte Rache geschworen hat,
aber ich dachte, das sei eine leere Drohung aus einem vollen Katermagen gewesen! Sonst
hätte ich das Gemälde nie von seinem Platze bewegt!"
"Aber so ist Problem ja trotzdem gelöst!" Fidibus knabberte gerade genüsslich
an einem
Hühnerflügel.
"Also ohne Bogumil hätte ich das Buch nie erreicht! Er hat plötzlich
gepfiffen" Zanatos
Stimme wurde ülötzlich fistelig hoch, dabei ringelten sich knallgelbe Wölkchen der Freude
aus seinen Nüstern:" 'Das Buch, der Geist kam aus dem Buch! Das ist auch auf dem
Gemälde!
Wir müssen das Buch zerstören!' und dann hat er uns beide rübergezaubert. Und eins weiss
ich sicher, dem echten Drachenfeuer widersteht nichts auf dieser Welt!"
Vicktoria fasste ihren amtierenden Majordomus fest ihn ihren Katzenblick:
"Bogumil! Ich bin wirklich mehr als zufrieden mit dir! Du hast deine Angst
überwunden und
deinen klugen Kopf gebraucht! Hiermit ernenne ich dich zur Haushofratte und Hüter der
Bibliothek auf Lebenszeit!" Sie zuckte mit beiden Ohren und auf einmal schmückte
den
grauen Bogumil ein goldener Streifen auf dem Rückenfell. Bogumil verbeugte sich stumm vor
Freude und Dank, und das Erstemal lächelte er breit vor Freude.
"Ihnen, lieber Zanatos, bin ich genauso zum Dank verpflichtet! Ich weiss natürlich,
dass
ich einem Drachen von so alter und ehrwürdiger Herkunft wahrhaft Nichts von Wert schenken
kann, daher..." Victoria schluckte kurz:".. daher... Du darfst Tante Vicky zu
mir sagen!"
Zanatos sass starr da und nur sein Mund öffnete sich stumm.So sprachlos war noch nie
gewesen. Er konnte sich nur zum Dank verbeugen.
Es schien, als ob Tante Vicky schmunzelte als sie Fidibus ins Auge fasste:
"Lieber Fidibus, jawohl, LIEBER Fidibus, obwohl ich dich immer für den Tu-nicht-gut
der
Familie gehalten habe. Als unser..ehemm... Problem begann, war mir von Anfang an klar,
dass wir hier den verwegensten unserer Familie brauchten, ausserdem... wenn du das
Gemälde
unseres tapferen Vorfahren siehst, wirst du auch das Ganze sofort verstehen!"
Ein Zwinkern der grossen, weissen Katze in Richtung des verhüllten Bildes, und das Tuch
fiehl ab.
Fidibus' Augen weiteten sich vor Überraschung.....
"Das bist ja DU!" auch Zanatos war völlig baff.
Da stand ein verschmitzt grinsender Fidibus auf dem Bild. Aber er trug feine
Stulpenstiefel, einen Federhut.Eine Pfote hielt eine elegantes Spitzentüchlein. Die
andere
lag auf dem alten Buch, das Zanatos in Asche
verwandelt hatte. Die Krallen des Katers waren tief in den Buchdeckel geschlagen.Daneben
lag eine Pergamentrolle auf dem Tisch, auf der man lesen konnte:'El Gato con Guantes no
caza ratones!'.
Tante Vicky schmunzelte:
" Das ist nicht Fidibus! Das ist Marco! Der Kater des Müllers! Er befreite das
Schloss und
das ganze Land von Malasuerte. Er fraß ihn einfach auf, als der Zauber, um anzugeben sich
in ene Maus verwandelte. Seitdem haben wir die Fähigkeit der Magie! Er konnte das Schloss
behalten. Und wir wurden die Felis von Katzenfels! Und du bist sein Ebenbild!
Im Aussehen wie im Charakter!" leise lachte Victoria: " Marco war nämlich
auch
ein
Tu-nicht-gut, genau wie du!
Ich bin stolz auf dich!!"
Fidibus' Ohrenspitzen wurden rot, und er schaute verlegen auf seine Vorderpfoten.
Der Zustand hielt aber nicht lange an. Sie feierten und schmausten.
Als Zanatos und Fidibus sich nach Mitternacht verabschiedeten, drückte Victoria ihrem
neuen Lieblingsneffen noch ein kleines Päckchen in die Pfoten.

Magnifico sass wieder in seinem Ohrensessel und las, als die Beiden im Wohnzimmer
erschienen. Alles war so, wie sie es verlassen hatten. Das Feuer knisterte im Kamin. Der
Salbeitee war heiss, und das Drachenpuzzle war noch immer nicht fertig.
"Willkommen zurück! Wie geht es denn der guten Vicky? Noch immer so fröhlich und
aufgeschlossen?" Magnifico grinste breit.
Zanatos flätzte sich wieder vor sein Tischchen, gähnte weit und blinzelte von unten
Magnifico zu:"Also ICH bin mit der guten Tante Vicky sehr gute ausgekommen! Keine
Beschwerden! Aber eins möchte ich wissen...Was ist in deinem Päckchen, Fidibus?"
Der Kater krallte das Packpapier auf und schaute in das kleine silberne Kästchen.
Sein Grinsen wurde immer breiter. Mit spitzen Krallen hob er vorsichtig ein feines
Spitzentüchlein empor. Darunter lag ein Zettel:
'vom Tu-nicht-gut'
Was Fidibus damit anstellt oder, ob es besondere Fähigkeiten hat....

das ist eine andere
Geschichte! |