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Weihnachtsbrief
:: 25.12.2008 ::
Hirte? Keine schlechte Aufgabe!


Wer hat hier eigentlich die undankbarste Aufgabe? Oder anders gefragt: Welche Aufgabe wäre etwas für mich? Beim Betrachten der Krippe könnte man sich diese Frage stellen. Was wäre der Part für mich?
Das Jesuskind kann es nicht sein. Zu einmalig. Die Gottesmutter Maria wohl auch nicht. Der heilige Josef käme als erster ernsthaft in die engere Wahl. Obwohl: Er spielt bei dem Ganzen keine große Rolle. Er steht im Hintergrund, das Geschehen läuft fast ganz ohne ihn ab. Vielleicht Ochse oder Esel? Die versetzen die Zuschauer in Entzücken. Sie brin ­ gen so etwas Urtümliches, leicht Exotisches in die Szene. Mensch und Tier in solcher Eintracht. – Doch letztlich ist auch das keine erfüllende Aufgabe.
Und dann wäre da noch der Weihnachtsengel. Aber der hat wohl mit Abstand den undank ­ barsten Part. Denn obwohl Engel eigentlich im Trend liegen, hat der hier an der Krippe etwas anzukündigen, was nur schwer zu verdauen ist: „Gloria in excelsis deo“ – Ehre und Herrlichkeit Gott in der Höhe, und auf Erden Friede den Menschen seiner Gnade!
Seit zweitausend Jahren dieselbe Geschichte, seit zweitausend Jahren Frieden angekün ­ digt… Kann man denn wirklich sagen, die Welt sei nur um einen Deut besser geworden? Der Frieden sicherer, die Wohlfahrt für alle Menschen allgemeiner, das Leid geringer? Braucht man nicht nur in die Tageszeitungen zu sehen? – Wenn einer von uns heute die Aufgabe des Engels übernehmen müsste, würde er wahrscheinlich schnell und verschämt sein Spruchband einrollen und unauffällig den Rückzug antreten.
Steht es nicht ähnlich um die ganze Botschaft der Weihnacht? Hat sie sich nicht längst verbraucht durch die alljährliche Wiederkehr, durch die immer frühere Vermarktung, durch das immer längere Hinziehen auf Wochen und Monate? Brauchten wir nicht so etwas wie ein Weihnachtsfasten, um wieder sensibler zu werden? Verzicht für eine neue Empfind ­ samkeit!
Empfindsamkeit wofür? Für Schönheit. Darauf bringt uns die Botschaft des Engels. „Ehre“ oder „Gloria“ bedeutet: In Gottes Höhen herrschen Licht und Lobpreis, Glanz und Jubel.
Und plötzlich wird der scharfe Kontrast sichtbar, den Lukas in der Weihnachtsgeschichte zeichnet. Die verweigerte Herberge, der Stall, die Krippe – und der Lichtglanz, die Wucht göttlicher Herrlichkeit. Die Schönheit des Himmels trifft auf das Unansehnliche der Erde. Wo aber die sich berühren, da geschieht Erlösung, da ist Friede.
Die Welt ist, wie sie ist. Vieles können wir nicht ändern. Aber uns können wir ändern. Und was Menschen am tiefsten ändert, ist die Begegnung mit Schönheit und Wahrheit, die unmittelbar anrühren. An der Krippe kann man inmitten aller Unvollkommenheit das Echte finden, das Kind, den menschgewordenen Gott, und sich von ihm verändern lassen. Die Schönheit des Himmels – gebündelt im Licht.
Wenn Sie an Weihnachten vor einer Krippe stehen, dann betrachten Sie einmal genau das Gesicht des Engels. Vielleicht erkennen Sie etwas von der Last seiner Aufgabe: an das Licht inmitten des oft düsteren Durcheinanders unserer Welt, unserer Fami­lien und unseres Lebens zu erinnern. Manchmal denk ich, es zerreißt ihn fast. Und dann bin ich mir wieder ganz sicher: Wir sollten ihm helfen! Wie die Hirten es taten, die zurück in ihren Alltag gingen und Gott lauthals und weit vernehmlich rühmten und priesen.
Hirte? Keine schlechte Aufgabe, finde ich.

In diesem Sinne wünsche ich ihnen und ihren Angehörigen frohe und gesegnete Weihnachten.

Ihr

Bischof Dr. Franz-Josef Bode
Bischof von Osnabrück


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Fachbereich Jugendpastoral,
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